Serope Odabasyan ist seit der Gründung der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland dabei. Er war und ist ein aktives Gemeindemitglied, langjähriges Mitglied des Diözesanbeirates und zuletzt auch dessen Vorsitzender. In Istanbul geboren, besuchte er die armenische Bezciyan-Schule. Seit seinem 14. Lebensjahr lebt er in Deutschland. Hier machte er seine Lehre als Dekorateur und studierte Kunst. Herr Odabasyan ist ein professioneller Laborfotograf. Nun ist er im Ruhestand. Wir haben mit ihm ein nettes Gespräch geführt, welches wir Ihnen gern präsentieren.

Red.: Sehr geehrter Herr Serope Odabasyan, im Jahre 2021 wurden Sie als Vorsitzender des Diözesanbeirates der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland verabschiedet. Sie blicken auf Jahrzehnte aktiver und passiver Mitwirkung und die Leitung der Diözese zurück. Was hat Sie täglich angetrieben, Ihren Dienst zu tun, in guten, wie auch in schweren Zeiten? An welche Momente, Erlebnisse denken Sie besonders gerne zurück?

Serope Odabasyan: Die Bereitwilligkeit zur Gemeindearbeit in der Diaspora ist einerseits ein Erbe meines Elternhauses, anderseits hat man es so gesehen im Blut, denn alle Armenier tragen bis heute ein schweres Kreuz aufgrund ihrer Geschichte.

Eine meiner besonderen Erinnerungen ist der erste Tag des Gottesdienstes in Köln in der Maria-Ablass-Kapelle im Jahre 1967, zelebriert durch den damaligen Archimandrit Karekin Bekdjian. Als wir kamen, war die Tür zur Kapelle offen, und von draußen hörten wir die geistlichen Gesänge. Meine Mutter hatte längere Zeit keinem armenischen Gottesdienst beigewohnt. Sie ging mit Tränen im Gesicht in die Kapelle. Diesen Moment vergesse ich nicht so leicht. Freier Glaube ist ein unheimlich wertvolles Gut.

Red.: Wie hat sich das Leben der Armenier in Deutschland seit der Gründung der Diözese 1991 verändert? Gibt es „neue“ Herausforderungen, denen man sich stellen muss?

Serope Odabasyan: Seit der Gründung der Diözese hat meines Erachtens nach die freiwillige ehrenamtliche Tätigkeit der einzelnen Mitglieder eher abgenommen. Wünschenswert wäre eine gesunde und ausgeglichene Zusammenarbeit von erfahrenen älteren und unerfahrenen, aber bereitwilligen Jugendlichen.

Red.: Als Vorsitzender des Diözesanbeirates und langjähriges Mitglied der Diözese blickten Sie über den Tellerrand der eigenen Gemeindearbeit hinaus. Was war Ihnen dabei wichtig? Welche Akzente konnten und wollten Sie setzen?

Serope Odabasyan: Es gibt eine Menge Herausforderungen, – eine davon könnte die Zusammenführung der vielschichtigen Mitglieder sein. Denn die Menschen aus Armenien, dem Iran, dem Nahen Osten und der Türkei haben alle weitgehend die gleichen Fundamente jedoch unterschiedliche Bräuche und Kulturen. Wichtig ist die gegenseitige Akzeptanz. Zum Glück sind die ersten Schritte hier gemacht.

Auch ist der finanzielle Aspekt für die Gemeinden sehr wichtig. Früher kam es auf jede Beitrag zahlende Familie an. Heute verstecken sich viele „Nicht-Mitglieder“ in der Anonymität.

Die Kommunikation und Zusammenarbeit der einzelnen Gemeinden miteinander ist deutschlandweit wichtig. Vor fast zwei Jahrzehnten haben wir versucht, die Kulturarbeit aus der Kölner Diözese heraus auch für die anderen Gemeinden zu organisieren, jedoch ohne großen Erfolg. Heute erleichtert das Internet die Kommunikation zwischen den Gemeinden und der Diözese.

Serovpé Odabashian mit Bischof Karekin Bekdjian

Red.: Welche Besonderheiten besitzt die Armenische Kirche in Deutschland in Ihren Augen?

Serope Odabasyan: Die Armenische Kirche hat wohl viele Besonderheiten. Eine davon ist, dass die Kirche alleine durch ihre Mitglieder organisiert und finanziert wird.

Die Bereitschaft der ehrenamtlichen Mitglieder ist aussergewöhnlich, und auch die Geistlichen machen deutlich mehr als es ihre Pflicht wäre. Ich habe in den letzten fast 50 Jahren oft gedacht, dass es so nicht lange gut gehen kann. Ohne externe Mittel, Hilfen und Förderungen. Aber wie sagt der Kölner so schön: Es hat noch immer jot jejange. Und das ist wohl das Besondere an unserer Gemeinde, der Kirche und den Armeniern. Wir sind nicht klein zu kriegen.

Red.: Was möchten Sie den neugewählten Mitgliedern des Diözesanbeirates vor dem Hintergrund Ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit auf dem Weg geben?

Serope Odabasyan: Die neuen Mitglieder des neuen Diözesanbeirates brauchen sicher nicht meinen Rat. Sie sollen tun was immer sie für richtig halten und ihre persönliche Note reinbringen. Wir haben auch unsere Fehler gemacht und daraus gelernt oder auch nicht. Ich bin froh über jeden, der helfen möchte und sich engagiert.

Red.: Wie muss die Zusammenarbeit zwischen den Geistlichen, haupt- und ehrenamtlichen Laien aussehen, damit das Leben in einer Diözese und ihren Gemeinden fruchtbar ist? 

Serope Odabasyan: Der offene Austausch, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Geistlichen, haupt- und ehrenamtlichen Laien ist sehr wichtig, da es stets um Lernen und Wissenstransfer gehen sollte. Nur so können wir weiterkommen. Die Erfahrenen lehren die Nachkommenden und wecken nach Möglichkeit die Neugier. Nur so können wir den Grundstein für alles Weitere legen.

Red.: Wie geht es jetzt bei Ihnen nach dem „Ruhestand“ weiter? Wo wollen Sie sich ab jetzt mit Ihren Erfahrungen einbringen? Was sind Ihre Pläne?

Serope Odabasyan: Auch im Ruhestand wird es sicherlich nicht langweilig werden. So ganz werde ich sicher nicht loslassen können, aber ich widme mich gerne mehr meiner Familie und ich habe mir fest vorgenommen mehr Sport zu treiben.